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Kapitel 8: Vertragsschluss mit dem Patienten


Die ärztliche Behandlung, sei es im Krankenhaus oder in einer Arztpraxis, ist gesetzlich in den §§ 630 a BGB geregelt.

Grundsätzlich ist zu unterscheiden zwischen gesetzlich und privat Versicherten Patienten. Generell kommt der Behandlungsvertrag zwischen Arzt und Patient zustande. Erfahren Sie in unserem Praxisratgeber, welche Arten von Behandlungsverträgen existieren und welche Rechte und Pflichten sich daraus ergeben.

Die wichtigsten Punkte im Überblick:

  • Der Behandlungsvertrag regelt die Rechte und Pflichten des Arztes.
  • Im Gegenzug legt der Behandlungsvertrag auch die Rechte des Patienten als auch dessen Pflichten fest. 
  • Zum Abschluss des Behandlungsvertrages reicht bereits konkludentes Verhalten.
  • Durch den Behandlungsvertrag ist der Arzt verpflichtet, den Patienten unter Berücksichtigung der aktuellen medizinischen Standards zu behandeln.

 

8.1  GKV/PKV/EBM/GOZ

8.1.1  BEMA

Rund 90 % der Deutschen sind in der GKV versichert. Ein gesetzlich Versicherter ist verpflichtet, seinen Versicherungsanspruch gegenüber dem Zahnarzt durch Vorlage der Versichertenkarte nachzuweisen oder dies innerhalb einer Frist von zehn Tagen nachzuholen. Sofern dieser Nachweis erbracht wird, kann der Patient davon ausgehen, dass er nach dem Sachleistungsprinzip ohne weitere Kosten behandelt wird.anmelden und weiterlesen

Die zahnärztliche Behandlung im Rahmen der GKV umfasst Leistungen, die nach den Regeln der zahnärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig sind, sie umfasst beispielsweise konservierendchirurgische Leistungen, worunter auch Füllungen fallen. Wählen Versicherte bei Zahnfüllungen eine darüber hinausgehende Versorgung, haben sie die Mehrkosten selbst zu tragen. In diesen Fällen ist von den KK die vergleichbare preisgünstigste plastische Füllung als Sachleistung auf Grundlage des BEMA abzurechnen.

Der BEMA dient als Basis für die Abrechnung von Behandlungen in Zahnarztpraxen mit der GKV. Zugleich ist er Grundlage für das vertragszahnärztliche Honorar. Das Regelwerk wird durch den Bewertungsausschuss festgelegt, der von der KZBV und dem GKV-SV gebildet wird..

Der BEMA gliedert sich im Kern in sechs Teile:

  1. Konservierende und chirurgische Leistungen und Röntgenleistungen,
  2. Behandlung von Verletzungen des Gesichtsschädels (Kieferbruch),
  3. Kiefergelenkserkrankungen (Aufbissbehelfe),
  4. kieferorthopädische Behandlung,
  5. die systematische Behandlung von Parodontopathien
  6. sowie die Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen.

Im BEMA werden Behandlungen aufgelistet, deren Kosten die Kassen im Rahmen ihrer gesetzlichen Leistungspflicht für ihre Versicherten ganz oder teilweise übernehmen. Auch andere Kostenträger nutzen den BEMA für die Abrechnung vertragszahnärztlicher Behandlungen. Dazu zählen Versorgungsämter, Bundes- und Landespolizei, die Bundeswehr sowie Einrichtungen der Sozialhilfe. Jährlich werden über den BEMA insgesamt mehr als 100 Millionen zahnärztliche Behandlungsfälle abgerechnet. Der weitaus größte Teil sind konservierende und chirurgische Behandlungen.

Der BEMA weist für jede Abrechnungsposition eine bestimmte Punktzahl aus. Die Multiplikation mit dem sogenannten Punktwert ergibt den Preis der Behandlung und somit auch das zahnärztliche Honorar in Euro und Cent. Der Punktwert wird auf Ebene der Länder zwischen den Kassenzahnärztlichen Vereinigungen und den KK jährlich neu verhandelt – mit Ausnahme von Teil 5 des BEMA, also der Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen. Hier gilt ein bundeseinheitlicher Punktwert, der jedes Jahr in Verhandlungen zwischen der KZBV und dem GKV-SV festgelegt wird.

Der BEMA stellt dabei nicht auf den individuellen Aufwand ab, der sich für Zahnärztinnen und Zahnärzte für die Behandlung eines Patienten im Einzelfall ergibt. Vielmehr bildet er einen Durchschnitt ab aus leichten und schweren Fällen, aus materialaufwendigen und geräteintensiven Diagnose- und Therapieverfahren sowie aus Behandlungen, die weniger kostspielige Materialien und geringeren Technikeinsatz erfordern.

Der Gesetzgeber hat festgelegt, dass die Solidargemeinschaft nicht alle Behandlungen finanziert, die in einer Zahnarztpraxis möglich sind. Gesetzlich Versicherte erhalten durch den BEMA vielmehr alle medizinisch notwendigen Behandlungen. Wird darüber hinaus – z. B. aus Gründen der Ästhetik – eine aufwendigere Versorgung gewünscht, ist dies dennoch möglich. Haben sich Patient und Zahnarzt gemeinsam auf das angestrebte Therapieziel verständigt, erfolgt die gewünschte Versorgung auf Grundlage einer privaten Abrechnung, falls die gewählte Behandlung von der Leistungspflicht der GKV nicht gedeckt ist. Die Basis für eine solche Abrechnung ist in diesen Fällen die GOZ.

In der Zahnmedizin gibt es für eine Befundsituation oft mehrere wissenschaftlich abgesicherte Therapiealternativen, die sich in Hinblick auf die Kosten erheblich unterscheiden können. GKV-Leistungen (BEMA) und außervertragliche Leistungen (GOZ) sollten abrechenbar sein, um Patienten jederzeit das gesamte Leistungsspektrum der Zahnmedizin anbieten zu können, aus dem diese nach Aufklärung und Beratung entsprechend ihrer Bedürfnisse eine Therapie auswählen können.

8.1.2  GOZ

Behandlungen privat versicherter Patienten können unproblematisch auf Grundlage der GOZ abgerechnet werden. In bestimmten Fällen sind Zuzahlungen durch den gesetzlich versicherten Patienten zulässig, die nachfolgend dargestellt werden. Voraussetzung ist immer die schriftliche Einwilligung des gesetzlich versicherten Patienten vor Behandlungsbeginn.

Die Mehrkostenvereinbarung zur Füllungstherapie ist in § 28 SGB V geregelt. Dort heißt es:

„Wählen Versicherte bei Zahnfüllungen eine darüber hinausgehende Versorgung, haben sie die Mehrkosten selbst zu tragen. In diesen Fällen ist von den Kassen die vergleichbare preisgünstigste plastische Füllung als Sachleistung abzurechnen. In Fällen des Satzes 2 ist vor Beginn der Behandlung eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem Zahnarzt und dem Versicherten zu treffen. Die Mehrkostenregelung gilt nicht für Fälle, in denen intakte plastische Füllungen ausgetauscht werden.“ Darunter fallen z. B. moderne Kunststofffüllungen nach dem Dentin-Schmelz-Adhäsivverfahren.

Seit Einführung der Festzuschüsse für Zahnersatz wird bei der Versorgung mit Kronen und Zahnersatz zwischen der Regelversorgung, der gleichartigen und der andersartigen Versorgung unterschieden. Bei der Regelversorgung wird nach dem BEMA abgerechnet, bei der gleichartigen Versorgung wird sowohl nach dem BEMA als auch nach der GOZ und bei der andersartigen Versorgung wird nur nach der GOZ abgerechnet. Den Differenzbetrag zum Festzuschuss einer Regelversorgung hat der Patient selbst zu tragen, allerdings in der Regel auch nur, wenn er vor Behandlungsbeginn zumindest in Textform über die Höhe seines voraussichtlichen Eigenanteils aufgeklärt wurde, § 630c Abs. 3 BGB./p>

8.2  Dienstvertrag (Ausnahme Leistungen Dentallabor)

Bei einer zahnärztlichen Behandlung handelt es sich um einen Dienstvertrag höherer Art, es gelten somit nicht werkvertragliche Regelungen. Dieser dienstvertragliche Charakter wird schon seit vielen Jahrzehnten vom BGH angenommen.anmelden und weiterlesen

Der BGH, Urteil vom 09.12.1974, VII ZR 182/73 führt aus, dass die Eingliederung der Prothese in den Mund in ihrer Bedeutung nicht etwa gegenüber der technischen Prothesenherstellung zurücktritt, sondern dass das Werk des Zahntechnikers vielmehr umgekehrt der Leistung des Zahnarztes unterzuordnen ist. Die zahnprothetische Behandlung bleibt daher insgesamt Dienstvertrag. Nur die Gewährleistung für die technische Herstellung der Prothese richtet sich nach dem Recht des Werkvertrags.

Da somit nicht Werkvertragsrecht, sondern Dienstvertragsrecht anzuwenden ist, gelten die Grundsätze werkvertraglicher Mängelhaftung nicht. Dies bedeutet, dass z. B. eine Minderung der Behandlungskosten oder ein Zurückbehaltungsrecht nicht in Betracht kommen.

8.3  Kostenvoranschläge

Wie bereits im Abschnitt 8.1 ausgeführt, ist die Geltendmachung des Eigenanteils eines gesetzlich versicherten Patienten zwingend von der vorherigen wirtschaftlichen Aufklärung in Textform abhängig.anmelden und weiterlesen

In § 630c Abs. 3 BGB heißt es:

„Weiß der Behandelnde, dass eine vollständige Übernahme der Behandlungskosten durch einen Dritten nicht gesichert ist oder ergeben sich nach den Umständen hierfür hinreichende Anhaltspunkte, muss er den Patienten vor Beginn der Behandlung über die voraussichtlichen Kosten der Behandlung in Textform informieren.“

Textform bedeutet, dass eine Unterschrift des Patienten nicht zwingend erforderlich ist, aber „eine lesbare Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist, auf einem dauerhaften Datenträger“ (§ 126b BGB) – z. B. Ausdruck, aber auch E-Mail etc. – gewährleistet sein muss. Bei Zahnfüllungen ist grundsätzlich sogar Schriftform vorgeschrieben, d. h. sowohl der Patient als auch der Zahnarzt müssen das Dokument unterschreiben, § 28 SGB V.

Praxistipp: Auch wenn häufig gesetzlich keine Unterschrift erforderlich ist, empfiehlt es sich, aus Beweissicherungszwecken den KV von Ihren Patienten unterzeichnen zu lassen. Die Erfahrung zeigt, dass einige Patienten zur Vergesslichkeit neigen, wenn es um die Kostenaufklärung geht, sodass Sie ihnen durch Vorzeigen der unterzeichneten Vereinbarungen den Wind aus den Segeln nehmen können.

8.4  Wirtschaftliche Aufklärung des Patienten

Für die wirtschaftliche Aufklärung von Patienten muss zwischen gesetzlich und privat Versicherten unterschieden werden. Die Leistungen der GKV ergeben sich aus dem SGB V und sind für alle Versicherten mehr oder weniger identisch. Daher kann der Zahnarzt bei gesetzlich versicherten Patienten gut einschätzen, welche Leistungen von der GKV übernommen werden und welche nicht. Bei privat versicherten Patienten darf die wirtschaftliche Beratungspflicht des Zahnarztes nicht überspannt werden. Seiner Pflicht zur wirtschaftlichen Aufklärung kommt der Zahnarzt regelmäßig durch Aushändigen des KV nach. Der Umfang der Leistungspflicht ergibt sich aus dem Vertrag zwischen Patient und PKV und der Regulierungspraxis der Versicherung. Die Details des Versicherungsvertrags seines Patienten kennt der Zahnarzt meist nicht.anmelden und weiterlesen

Zwischen dem behandelnden Zahnarzt und der PKV gibt es keine vertragliche Beziehung. Diese bestehen nur zwischen dem Zahnarzt und seinem Patienten und dem Patienten und dessen PKV. Von dem Zahnarzt kann nicht verlangt werden, die Versicherungsbedingungen darauf zu prüfen, ob dem Patienten seine zahnärztlichen Leistungen ersetzt werden oder nicht. Daher sind die Anforderungen an die wirtschaftliche Aufklärung für Zahnärzte bei privat versicherten Patienten deutlich geringer.

Praxistipp: Auch wenn häufig gesetzlich keine Unterschrift erforderlich ist, empfiehlt es sich, aus Beweissicherungszwecken den KV von Ihren Patienten unterzeichnen zu lassen. Die Erfahrung zeigt, dass einige Patienten zur Vergesslichkeit neigen, wenn es um die Kostenaufklärung geht, sodass Sie ihnen durch Vorzeigen der unterzeichneten Vereinbarungen den Wind aus den Segeln nehmen können.

Mit dem KV kann der Patient die Höhe der Erstattung mit seiner Krankenversicherung klären. Nur wenn der Zahnarzt positiv weiß oder – etwa aufgrund früherer Ablehnung oder gleichgelagerte Fälle – Anhaltspunkte dafür hat, dass die PKV bzw. die Beihilfestelle Kosten nicht übernimmt, muss er den privaten Patienten auf die fehlende Kostenerstattung aufmerksam machen.

Die Pflicht zur wirtschaftlichen Aufklärung ist lediglich eine vertragliche Nebenpflicht. Kommt es zum Streit, muss der Patient nachweisen, dass der Zahnarzt ihn nicht ordnungsgemäß wirtschaftlich aufgeklärt hat, OLG Celle, Urteil vom 28.05.2001, 1 U 28/00. Der Zahnarzt muss den Patienten auf günstigere Behandlungsalternativen hinweisen.

Der Zahnarzt darf höhere Steigerungsfaktor als 3,5 nur abrechnen, wenn dies vor Behandlungsbeginn mit dem Patienten schriftlich vereinbart wurde, § 5 Abs. 1 S. 1, § 2 Abs. 1 und Abs. 2 GOZ. Fehlt es an der Unterschrift des Patienten, ist die Vereinbarung nichtig. Die Honorarvereinbarung muss neben der Nummer und der Bezeichnung der Leistung, dem vereinbarten Steigerungssatz und dem sich daraus ergebenden Betrag auch die Feststellung enthalten, dass eine Erstattung der Vergütung durch Erstattungsstellen möglicherweise nicht in vollem Umfang gewährleistet ist, § 2 Abs. 2 GOZ. Weitere Erklärungen darf die Vereinbarung nicht enthalten.

Fehlt es an der schriftlichen Vereinbarung, kann der Zahnarzt nur mit den nach GOZ üblichen Steigerungsfaktoren abrechnen.

8.5  Aufklärung des Patienten

Der Zahnarzt muss nicht nur wirtschaftlich aufklären, sondern auch über Diagnosen, Befunde, geplante Behandlungen etc. Diese Pflicht zur Aufklärung wird aus dem Selbstbestimmungsrecht des Patienten abgeleitet. Jeder Patient entscheidet selbst, ob und wie er behandelt wird. Dieses Selbstbestimmungsrecht kann der Patient nur ausüben, wenn er ausreichend aufgeklärt wurde und die Diagnose und die geplante Behandlung kennt.anmelden und weiterlesen

Jede invasive Heilbehandlung stellt tatbestandlich eine Körperverletzung dar. Die Strafbarkeit entfällt nur, wenn der Patient wirksam in die Behandlung einwilligt, § 630d Abs. 1 BGB. Die Einwilligung erfordert eine ausreichende Aufklärung. Der Patient muss die Aufklärung verstehen. Dazu kann der Zahnarzt Fachbegriffe verwenden, die er jedoch laienverständlich erläutern muss.

Der Umfang der Aufklärungspflicht ist in § 630c Abs. 2 S. 1 BGB geregelt:

„Der Behandelnde ist verpflichtet, dem Patienten in verständlicher Weise zu Beginn der Behandlung und, soweit erforderlich, in deren Verlauf sämtliche für die Behandlung wesentlichen Umstände zu erläutern, insbesondere die Diagnose, die voraussichtliche gesundheitliche Entwicklung, die Therapie und die zu und nach der Therapie zu ergreifenden Maßnahmen.“

Der Zahnarzt muss aufklären über:

  • Befunde
  • Diagnosen
  • geplante Therapie
  • (gleichwertige) Behandlungsalternativen
  • mögliche Gesundheitsrisiken
  • notwendige Nachbehandlungen

Wenn der Patient sich nicht bzw. nicht auf die vorgeschlagene und medizinisch notwendige Art und Weise behandeln lassen möchte, ist er über die gesundheitlichen Folgen aufzuklären.

Praxistipp: Die Aufklärung gehört – natürlich neben der eigentlichen zahnärztlichen Behandlung – zu den wichtigsten Punkten im Rahmen des Behandlungsvertrags. Legen Sie besonderen Wert auf die Dokumentation der oben genannten Punkte, um im Fall einer streitigen Auseinandersetzung zweifelsfrei beweisen zu können, dass Sie über sämtliche maßgebliche Umstände aufgeklärt haben.

8.6  Behandlungsabbruch durch den Patienten

Wie bereits ausgeführt, handelt es sich bei einem zahnärztlichen Behandlungsvertrag um einen Dienstvertrag höherer Art. Solche Verträge können grundsätzlich von beiden Parteien jederzeit – außer zur sog. Unzeit, d. h. beispielsweise mitten in der Operation – gekündigt werden. Weder ist für die Kündigung des Behandlungsvertrags eine Form vorgeschrieben noch bedarf es der Angabe von Gründen.anmelden und weiterlesen

Ob für die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen eine Zahlung des Patienten verlangt werden kann, richtet sich nach § 628 Abs. 1 BGB, der wie folgt lautet:

„Wird nach dem Beginn der Dienstleistung das Dienstverhältnis aufgrund des § 626 oder des § 627 gekündigt, so kann der Verpflichtete einen seinen bisherigen Leistungen entsprechenden Teil der Vergütung verlangen. Kündigt er, ohne durch vertragswidriges Verhalten des anderen Teiles dazu veranlasst zu sein, oder veranlasst er durch sein vertragswidriges Verhalten die Kündigung des anderen Teiles, so steht ihm ein Anspruch auf die Vergütung insoweit nicht zu, als seine bisherigen Leistungen infolge der Kündigung für den anderen Teil kein Interesse haben.“

„Übersetzt“ bedeutet dies, dass es entscheidend darauf ankommt, ob der Zahnarzt durch ein schuldhaftes und nicht nur geringfügiges vertragswidriges Verhalten die Kündigung des Patienten veranlasst hat. Abzustellen ist dabei auf das Verhalten, auf das die Kündigung gestützt wurde, beispielsweise einen Behandlungsfehler.

Weiter kommt es darauf an, ob das Interesse des Patienten an der Leistung des Zahnarztes weggefallen ist, d. h., die Arbeiten des Zahnarztes können nicht mehr wirtschaftlich verwertet werden und sind objektiv nutzlos geworden. Es genügt demnach zum einen nicht, dass die Leistung objektiv wertlos ist, wenn der Patient sie gleichwohl nutzt, zum anderen aber auch nicht, dass der Patient sie nicht nutzt, obwohl er sie wirtschaftlich verwerten könnte. Es muss bewertet werden, ob und ggf. inwieweit die Leistungen des Zahnarztes ohne Interesse für den Patienten waren bzw. ein Nachbehandler auf Leistungen des Zahnarztes hätte aufbauen oder durch eine Nachbesserung des gefertigten Zahnersatzes Arbeit gegenüber einer Neuherstellung hätte ersparen können.

Bei der Durchführung einer hochkomplexen Behandlung wie der Versorgung mit Zahnersatz kann nicht erwartet werden, dass dieser unmittelbar nach der Eingliederung bereits perfekt sitzt. Nachbesserungsmaßnahmen stellen hier die Regel dar und indizieren keinen Behandlungsfehler.

Das OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.06.1986, 8 U 279/84 führte hierzu aus:

„Wenn ein vom Zahnarzt vorgeschlagener und nach seinen Weisungen angefertigter Zahnersatz beim Einpassen nicht sogleich einwandfrei und ohne jede Beschwerden sitzt, kann das nicht als vertragswidriges Verhalten für ein Auflösungsverschulden nach § 628 Abs. 1 S. 2 BGB angesehen werden. Es müssen ihm Korrekturen an Zähnen und Zahnersatz gestattet werden. Die Auffassung, der Zahnarzt schulde von vornherein ordnungsgemäße Leistung, würde dem Wesen und den Schwierigkeiten der zahnärztlichen Behandlung als Vertrag über die Leistung höherer Dienste zuwiderlaufen. Bei Zähnen, die nicht in einem Zahnverband stehen, kann innerhalb eines Monats eine von einem Laien nur schwer erkennbare Positionsänderung eintreten.“

Wer von einem Zahnarzt Heilmaßnahmen verlangt, ist vertraglich verpflichtet, alles zu tun, um die erfolgreiche Behandlung zu ermöglichen. Hierzu gehört auch die Verpflichtung des Patienten, Behandlungen zu erdulden. Bei zahnprothetischen Behandlungen gehört es danach zu den Pflichten des Patienten, nach Eingliederung der Prothetik okklusale Nachbesserungen zu dulden.

8.7  „Vertragsstrafe“ bei kurzfristiger Absage eines Termins?

Jeder Zahnarzt kennt die Erfahrung, dass Behandlungstermine entweder gar nicht oder so spät abgesagt werden, dass keine anderen Patienten in dieser Zeit behandelt werden können. Dem Zahnarzt entsteht dadurch ein wirtschaftlicher Schaden. Die Rechtsprechung stellt sehr hohe Anforderungen an die Geltendmachung eines Ausfallhonorars. Sowohl der Nachweis der Bestellpraxis als auch und vor allem der Schadensnachweis sind in der Regel außerordentlich schwer zu führen. Das Prozessrisiko bei einer Klage auf Zahlung von Ausfallhonorar ist sehr hoch. Selbst wenn die nachstehenden Voraussetzungen vorliegen und bewiesen werden können, gibt es aufgrund der uneinheitlichen Rechtsprechung (bspw. Ausfallhonorar verneint: LG München II, Urteil vom 08.11.1983, 2 S 1327/83; bspw. Ausfallhonorar bejaht: LG Konstanz, Urteil vom 27.05.1994, 1 S 237/93) keine Garantie für eine erfolgreiche Geltendmachung eines Ausfallhonorars:anmelden und weiterlesen

  1. Bei der Praxis muss es sich um eine Bestellpraxis handeln, d. h., Termine werden grundsätzlich nur nach vorheriger Absprache vergeben.
  2. Der Patient hat eine Vereinbarung unterzeichnet, in der er darauf hingewiesen wurde, dass ihm im Fall des unentschuldigten Nichterscheinens ein angemessener Betrag in Rechnung gestellt wird. Dem Patienten muss bis mindestens 48 Stunden vor dem Termin die Möglichkeit zur begründeten Absage des Termins eingeräumt werden. Selbstverständlich darf dem Patienten nichts in Rechnung gestellt werden, wenn er z. B. am Tage der Behandlung erkrankt und den Termin deshalb nicht wahrnehmen kann.
  3. Der Zahnarzt muss nachweisen, dass er im Fall der rechtzeitigen Absage einen anderen Patienten hätte behandeln können, der auch nicht zu einem späteren Zeitpunkt hätte behandelt werden können. Schließlich muss nachgewiesen werden, dass der Zahnarzt in der freigewordenen Zeit auch keine „Laufkundschaft“ behandelt hat, die z. B. wegen einer akuten Schmerzbehandlung die Zahnarztpraxis aufgesucht hat. Auch andere Tätigkeiten dürfen nicht vorgenommen worden sein. Einsparungen durch Behandlung Dritter sind anzurechnen.

Praxistipp: Auch wenn es gerade bei umfangreichen Behandlungen ärgerlich ist, wenn Patienten kurzfristig absagen, sollten Sie gute Miene zum bösen Spiel machen. Die erfolgreiche prozessuale Durchsetzung ist unwahrscheinlich.

8.8  Vereinbarung einer Vorleistung mit dem Patienten?

Eine vollständige Vorleistung der voraussichtlichen Behandlungskosten vor Behandlungsbeginn ist nicht möglich, § 10 GOZ. Das Honorar des Zahnarztes ist erst mit Erteilung der Rechnung fällig, die bestimmten formellen Kriterien genügen muss. Der Zweck des § 10 GOZ besteht darin, dem Patienten, von dem weder medizinische noch gebührenrechtliche Kenntnisse erwartet werden können, die Möglichkeit zur Überprüfung der abgerechneten zahnärztlichen Leistungen zu geben. Hierzu gehört insbesondere die Bezeichnung der einzelnen berechneten Leistungen, deren Zuordnung zu einer bestimmten Gebührennummer sowie der jeweilige Betrag und der Steigerungssatz. Der Verordnungsgeber will damit Transparenz der zahnärztlichen Rechnungen für den Zahlungspflichtigen erreichen und einen Beitrag zum Verbraucherschutz leisten. Mit § 10 GOZ gibt es für zahnärztliche Leistungen eine abweichende Regelung gegenüber den sonst geltenden Fälligkeitsvorschriften des Dienstvertragsrechts, § 614 S. 1 BGB.anmelden und weiterlesen

Wenn solch strenge Anforderungen bereits für nachträglich erstellte Rechnung gelten, gilt dies erst recht für das Verlangen der vollständigen Kostenforderung im Vorhinein. Denn dies verschiebt nicht nur die Fälligkeit der Kostenzahlung vor den von § 10 GOZ vorgesehenen Zeitpunkt, sondern sogar vor den nach § 614 S. 1 BGB maßgeblichen Zeitpunkt der Leistungserbringung.

Dies versetzt den Patienten in eine besonders ungünstige Position: Er befindet sich in einer Zwangslage, denn zahlt er nicht, wird die Behandlung nicht durchgeführt. Der Umstand, dass die Behandlung noch nicht durchgeführt, sondern erst geplant ist, macht es ihm noch schwerer als ohnehin, die Berechnung nachzuvollziehen. Bei Überzahlungen ist er es, der den überzahlten Betrag zurückfordern muss, er trägt insoweit das Insolvenzrisiko des Zahnarztes.

Ratenzahlungen, die vor der Behandlung beginnen, und komplette Vorauszahlungen für kieferorthopädische Zusatzleistungen durch vorformulierte Vereinbarungen sind vielfach unzulässig, da sie Patienten unangemessen benachteiligen, OLG Hamm, Urteil vom 15.11.2018, I- 4 U 145/16.

Praxistipp: Es ist sinnvoll, auf die Liquidität Ihrer Praxis zu achten. Es ist am einfachsten, wenn Sie mit einem Rechenzentrum zusammenarbeiten, um Ihre Liquidität zu verbessern,

Zulässig ist dagegen die Vereinbarung einer Ratenzahlung nach Zugang der Rechnung, LG Münster, Urteil vom 13.07.2016, 012 O 359/15. In diesem Fall seien die Interessen des Zahnarztes und des Patienten ausreichend berücksichtigt. Im Einzelnen heißt es in der Urteilsbegründung:

„Anders als die Vereinbarung der vollständigen Zahlung im Voraus stellen die Ratenzahlungen keine unangemessene Benachteiligung des Patienten dar. Für die Klausel spricht der sachliche Grund, den Patienten nicht mit variierenden, in Teilabschnitten der Behandlung hohen Kosten zu belasten, sondern ihm eine gleichmäßige Bezahlung der Leistungen des Beklagten zu ermöglichen. Dies macht die finanzielle Belastung für den Patienten besser planbar.“

Gerade bei langen Behandlungszeiträumen, wie sie in der Kieferorthopädie üblich sind, fällt es Patienten schwer, den Überblick zu behalten und zu wissen, welcher Behandlungsschritt schon bezahlt ist. Im Unterschied zu anderen Ratenzahlungsverträgen ist die Leistung des Kieferorthopäden oft noch nicht oder nicht vollständig erbracht. Grundsätzlich ist daher in diesen Fällen eine individuell vereinbarte Teilzahlung mit angemessenen Raten möglich.

8.9  Besonderheiten bei minderjährigen oder betreuten Patienten

8.9.1  Minderjährige Patienten

Minderjährige sind nicht voll geschäftsfähig. Unter sieben Jahren liegt keine, zwischen sieben und 17 Jahren liegt beschränkte Geschäftsfähigkeit vor. Jede zahnärztliche Heilbehandlung bedarf der Einwilligung. Bei Minderjährigen stellt sich die Frage, wer einwilligen muss, mit wem der Vertrag zustande kommt und wer die Behandlung bezahlen muss.anmelden und weiterlesen

Für die Behandlungskosten privat versicherter minderjähriger Kinder haftet der Elternteil, der für das Kind den Behandlungsvertrag abgeschlossen hat, also der Elternteil, der mit dem Kind beim Zahnarzt war und nicht der formelle Versicherungsnehmer.

Der das Kind begleitende Elternteil willigt in den Eingriff ein. Die Einwilligung beider Elternteile wird nur bei risikoreichen, aufwändigen oder teuren Behandlungen verlangt. Diese Behandlungen sollten vorsorglich mit beiden Elternteilen besprochen werden.

Tritt ein Zahnarzt seine Forderungen gegen Patienten an ein Rechenzentrum ab, ist dies nur möglich, wenn der Patient seine Einwilligung zur Entbindung des Zahnarztes von der ärztlichen Schweigepflicht erklärt hat. Die Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht ist ein höchstpersönliches Recht. Geschäftsfähigkeit ist nicht erforderlich, es genügt die natürliche Willensfähigkeit und eine hinreichende Vorstellung von der Bedeutung der Erklärung. Daher können auch Minderjährige den Zahnarzt von seiner ärztlichen Schweigepflicht entbinden. Dabei wird nicht auf ein bestimmtes Lebensalter abgestellt, sondern ausgehend vom Lebensalter des Patienten muss beurteilt werden, ob er weiß, was eine Entbindung von der Schweigepflicht rechtlich bedeutet. Als Faustformel gilt, dass ein Patient ab 16 Jahren selbst den Zahnarzt von der Schweigepflicht entbinden kann. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte vorsorglich zusätzlich zur Unterschrift des Minderjährigen die eines Elternteils einholen.

8.9.2  Betreute Patienten

Die Betreuung volljähriger Personen hat meist gesundheitliche Gründe. Üblicherweise werden Patienten für die Lebensbereiche Vermögen, Gesundheit oder Aufenthalt unter Betreuung gestellt. Die Betreuung kann für einen Lebensbereich oder für alle Lebensbereiche angeordnet werden. Problematisch sind Fälle, in denen der Zahnarzt nicht erkennen kann, dass ein Patient betreut wird. Der unter Betreuung stehende Patient wird selbst auf Nachfrage nicht angeben, dass er unter Betreuung steht. Absichtliches Verschweigen hat für den unter Betreuung stehenden Patienten keine Konsequenzen, da seine Geschäftsfähigkeit eingeschränkt ist.

Stellt sich heraus, dass bei dem Patienten eine Betreuung unter Einwilligungsvorbehalt angeordnet ist, sind die Erklärungen des Patienten unwirksam. Der Patient kann – sofern bspw. die sog. Vermögenssorge oder die Sorge für die Gesundheit von der Betreuung umfasst sind – für sich selbst nicht mehr wirksam Geschäfte abschließen, sondern nur noch sein Betreuer. Der Betreuer kann den Behandlungsvertrag nachträglich genehmigen. Verweigert er die Genehmigung, hat der behandelnde Zahnarzt keinen Anspruch auf Bezahlung einer privatärztlichen Rechnung.

Wurde Betreuung ohne Einwilligungsvorbehalt angeordnet, sind die Geschäfte des Betreuten nicht automatisch wirksam. Es ist auf die Geschäftsfähigkeit zum Zeitpunkt der Behandlungsauftragserteilung abzustellen.

Für den Fall, dass der Patient mitteilt, dass er unter Betreuung steht, sollte sich die Praxis auf jeden Fall den Betreuungsausweis oder die sog. Bestallungsurkunde vorlegen lassen. Ergibt sich aus diesen Unterlagen nicht eindeutig, für welche Lebensbereiche Betreuung angeordnet wurde, sollte unbedingt der Betreuer gefragt werden.

Der Betreuer muss bei allen Gesprächen des Zahnarztes mit dem Patienten anwesend sein, wenn die Gesundheitssorge zum Aufgabenkreis des Betreuers gehört. Der Zahnarzt sollte darauf achten, dass neben dem Patienten auch der Betreuer sämtliche Dokumente mit unterschreibt.

Rechnungsempfänger privater Zahnarztrechnungen ist immer der unter Betreuung stehende Patient, wobei die Rechnung dem Betreuer zu übermitteln ist. Der Betreuer schuldet die zahnärztliche Forderung nicht selbst, sondern der betreute Patient, der durch den Betreuer vertreten wird.

Praxistipp: In der Korrespondenz sollte die Adresse dann wie folgt angegeben werden: Herrn / Frau PATIENTENNAME – z. Hd. Herrn / Frau … als Betreuer – Anschrift des Betreuers

8.10  Pflicht zur Behandlung

8.10.1  Behandlungspflicht des Vertragszahnarztes

Grundsätzlich herrscht in Deutschland Privatautonomie, so dass niemand verpflichtet ist, mit einem anderen einen Vertrag abzuschließen. Allerdings gibt es gesetzlich vorgeschriebene Ausnahmen.anmelden und weiterlesen

Zahnärzte sind in der Ausübung ihres Berufes frei, sie können eine Behandlung z. B. ablehnen, wenn sie der Überzeugung sind, dass das notwendige Vertrauensverhältnis zwischen ihnen und dem Patienten nicht besteht. Dem Recht des Patienten auf freie Zahnarztwahl, § 76 SGB V, steht die Freiheit des Behandlers gegenüber, nur die Patienten zu behandeln, die er behandeln möchte. Diese Freiheit darf aber keinesfalls dazu führen, dass der Patient ohne eine dringend notwendige medizinische Versorgung bleibt. Sog. Notfallpatienten dürfen somit von einem Behandler nicht abgewiesen werden, anderenfalls kommt die Verwirklichung des Straftatbestands der unterlassenen Hilfeleistung, § 323c StGB, in Betracht. Die Pflicht des Zahnarztes zur Behandlung von Notfällen darf allerdings nicht zu weit ausgelegt werden. So wird die Weigerung zur Behandlung eines Krankheitsbildes, welches keinen Akutfall darstellt, nicht zwangsläufig zur Verwirklichung einer unterlassenen Hilfeleistung führen.
Dies gilt sowohl für approbierte Zahnärzte, die ausschließlich Privatpatienten behandeln, als auch für „Kassenzahnärzte“, die die Zulassung zur Teilnahme an der vertragszahnärztlichen Versorgung erhalten haben.

Der Vertragszahnarzt muss kraft Zulassung alle Kassenpatienten im Rahmen der gesetzlichen und vertraglichen Vorschriften behandeln, um so den Sicherstellungsauftrag zu erfüllen, §§ 95, 72 Abs. 1 S. 2 SGB V. Kassenzahnärzte sind berechtigt, aber auch verpflichtet, an der medizinischen Versorgung gesetzlich Versicherter teilzunehmen. § 95 Abs. 3 SGB V lautet:

„Die Zulassung bewirkt, dass der Vertragsarzt Mitglied der für seinen Kassenarztsitz zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung wird und zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung im Umfang seines aus der Zulassung folgenden zeitlich vollen oder hälftigen Versorgungsauftrages berechtigt und verpflichtet ist.“

Obwohl sich die Überschrift der Vorschrift auf die „Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung“ bezieht, gilt sie in gleicher Weise für die Teilnahme der Zahnärzte an der vertragszahnärztlichen Versorgung, da nach § 72 Abs. 1 S. 2 SGB V die auf Ärzte, Psychotherapeuten und MVZ bezogene Vorschriften des Vierten Kapitels SGB V entsprechend für Zahnärzte gelten.

Diese Verpflichtung, der sich die Vertragszahnärzte durch die Zulassung unterworfen haben, bedeutet, dass die Ablehnung von gesetzlich versicherten Patienten nur sehr eingeschränkt möglich ist, sofern der Behandler seine kassen- bzw. vertragszahnärztliche Zulassung nicht gefährden möchte.

8.10.2  Zulässige Ablehnungsgründe

Einschränkungen bezüglich der Behandlungspflicht finden sich z. B. im Bundesmantelvertrag-ZÄ. Der Vertragszahnarzt darf die Behandlung eines Versicherten nur in begründeten Fällen ablehnen. Der Vertragsarzt darf die Behandlung Versicherter, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, ablehnen, wenn vor der Behandlung die elektronische Gesundheitskarte nicht vorgelegt wird. Dies gilt allerdings nicht bei akuter Behandlungsbedürftigkeit.

Weitere begründete Ablehnungen sind:

Es sind bereits so viele Patienten in Behandlung, dass deren ausreichende Versorgung durch die Übernahme weiterer Patienten gefährdet wird bzw. dem Zahnarzt zusätzliche Behandlungszeiten nicht zugemutet werden können. Auch wenn das Vertrauensverhältnis zwischen Zahnarzt und Patient grundlegend gestört ist, darf er die Behandlung ablehnen. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn der Patient

  • sich in der Vergangenheit wiederholt nicht an die zahnärztlichen Anordnungen gehalten hat,
  • von seinem Zahnarzt eine standes- oder sittenwidrige Tätigkeit verlangt,
  • auf medizinisch nicht begründeten oder unwirtschaftlichen Behandlungsmaßnahmen beharrt,
  • den Zahnarzt beleidigt, drangsaliert, bedroht, üble Nachrede über den Behandler verbreitet etc.
  • unzulässige Abrechnungen zu Lasten der KK verlangt (z. B. Berechnung nicht durchgeführter Leistungen),
  • einen Zahnarzthaftungsprozess gegen den Behandler anstrengt oder
  • außerhalb des Fachgebietes des Zahnarztes behandelt werden muss, sodass die notwendigen medizinischen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht oder nicht ausreichend vorliegen.

Gesetzlich versicherte „Kassenpatienten“ dürfen also niemals willkürlich von einer Behandlung ausgeschlossen werden, es muss vielmehr ein triftiger Grund für die Ablehnung der Behandlung vorliegen, d. h. die Behandlung muss für den Zahnarzt unzumutbar sein.

Auch Berufsordnungen von Landeszahnärztekammern können entsprechende Regelungen enthalten. So lautet § 2 Abs. 5 der Berufsordnung der Landeszahnärztekammer Baden- Württemberg:

„Der Zahnarzt kann die zahnärztliche Behandlung ablehnen, wenn

  1. eine Behandlung nicht gewissenhaft und sachgerecht durchgeführt oder
  2. die Behandlung ihm nach pflichtgemäßer Interessenabwägung nicht zugemutet werden kann oder
  3. er der Überzeugung ist, dass das notwendige Vertrauensverhältnis zwischen ihm und dem Patienten nicht besteht.

Seine Verpflichtung, in Notfällen zu helfen, bleibt davon unberührt“.

8.10.3  Unzulässige Ablehnungsgründe

Keinen triftigen Grund für eine Ablehnung stellt es dar, wenn der Patient z. B. HIV-infiziert ist oder unter anderen infektiösen Erkrankungen wie beispielsweise Hepatitis C leidet.

Es besteht – unter Berücksichtigung der bereits geschilderten Einschränkungen – die Behandlungspflicht eines unter einer solchen Erkrankung leidenden Patienten.

Die Behandlungspflicht stellt eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung im Rahmen des Krankenversicherungsrechts dar. Wer pauschal die Behandlung eines infizierten Patienten verweigert, verstößt schwerwiegend gegen die durch die Zulassung zum Vertragszahnarzt übernommenen Pflichten.

Zahnärzte dürfen gerade in Zeiten nach Auftreten des Coronavirus die Versorgung von infizierten Patienten nicht als unzumutbar ablehnen, da eine Infektion des Behandlers und des Praxisteams durch geeignete Schutz- und Hygienemaßnahmen nahezu ausgeschlossen werden kann. Die Möglichkeit einer Virus-Übertragung im Zusammenhang mit der zahnärztlichen Behandlung Infizierter ist natürlich grundsätzlich gegeben, eine berufsbedingte Infektionsgefahr ist wegen bestehender Schutzmöglichkeiten und durch die Einhaltung von Hygieneanforderungen jedoch beherrschbar.

Ablehnungsgründe können allenfalls dem medizinisch-persönlichen Verhältnis zwischen Patient und Zahnarzt entspringen. Das notwendige Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Zahnarzt könnte z. B. beeinträchtigt sein oder komplett entfallen sein, wenn der betreffende Patient den Behandler nicht über eine HIV-Infektion o.Ä. unterrichtet. Werden bereits im Rahmen der Anamnese entsprechende Gesundheitsfragen gestellt und antwortet der Patient hier wahrheitswidrig auf diese relevanten Fragen, ist der Wegfall des Vertrauens denkbar.